Das unbekannte Mädchen

Soll ich euch die verrückteste Geschichte meines Lebens erzählen? Oder sagen wir nicht: die verrückteste Geschichte meines Lebens, sondern die verrückteste Erotikgeschichte meines Lebens. Ihr merkt schon: ich bin immer noch ziemlich verwirrt, aber ihr werdet sehen, dass das kein Wunder ist. Alles begann so: ich fuhr mit meiner Freundin und einem befreundeten Paar in den Urlaub, nach Südfrankreich. Man sagt ja allgemein, in Südrankreich würde das Blut heißer kochen. Das hab ich jedenfalls gehört. Bei diesem Spruch fiel mir immer nur ein: welch Nonsens! Wieso sollte man in irgendeiner Region dieser Welt – ich nenne es mal – ralliger oder lustvoller sein, als in einer anderen? Das müsste sich ja dann mit dem Trinken, Essen, Sportmachen und all den Sachen gleich verhalten. Blabla, dachte ich. Wie auch immer. Nadine – meine Freundin – freute sich nicht gerade. Ich glaube, sie war mordsmäßig eifersüchtig auf die neue Freundin meines Freundes. Ich weiß nicht. Ich konnte das nie nachvollziehen, schließlich war sie ja mit Mark zusammen. Aber dennoch, nach jedem Treffen mit den Beiden machte Nadine die selbe Szene: die steht auf dich, die macht sich an dich ran und eben diese ganze Eifersüchteleien. Jaja, meinte ich, schon gut. Es hatte sowieso keinen Sinn mehr; war Nadine ein mal eifersüchtig, blieb sie das in der Regel auch ziemlich lange und niemand konnte sie davon abbringen. Vielleicht sollte ich an dieser Stelle etwas zu unserem Sexleben erwähnen. Wir hatten großartigen Sex. Es war ganz komisch für mich: ich hatte zwar schon viele Freundinnen, aber nie war ich dermaßen spitz. Es ist ja meistens so: nach dem Hundertstenmal meldet sich die tote Hose im Bett. Oder das klingt vielleicht übertrieben, aber nach einer bestimmten Zeit ist eben nichts mehr neu oder man ekelt sich selber so an, dass man gar nichts mehr Neues aneinander entdecken möchte. Und dann ist man eben am Endbahnhof angekommen, gute Nacht allerseits! Aber bei uns beiden war das was anderes, zumindest für mich. Ein Blick genügte und Er stand. Es war natürlich nicht nur so ein Blick, sonst hätten wir ja gar nichts anderes mehr gemacht, als uns zu lieben; es war der Anblick wenn sie nackt war. Mann, ich sag euch, das war ein Traum. Ihre Brüste waren gleichmäßig groß und hatten immer so einen Ausdruck wie: liebe mich! Ich weiß nicht genau, wie ich das beschreiben soll, aber sie sahen so lieblich – weil eben nicht so groß – aus, dass man bei ihrem Anblick nichts lieber gemacht hätte, als sich in sie reinzulegen, sie zu liebkosen und sein bestes Stück dazwischen zu schieben. Ihr wisst schon, was ich meine. Wenn man sich südwärts bewegte, fand man immer mal wieder herausstehende Rippen. Das sah völlig ungleichmäßig aus, aber wie ihr später erfahren werdet: zum Dahinschmelzen, wie es die Frauen nennen würden, geil wie es die Männer nennen würden. Irgendwann starrten die Beckenknochen hervor. Ich schwör euch: solche Beckenknochen habt ihr noch nie gesehen. Viele finden herausstehende Beckenknochen erotisch, allerdings kann ich daran nichts Anmachendes ausmachen. Es sind Beckenknochen, okay, man sieht sie; ja und? Nadja war mir oft böse, wenn ich ihr in diesem Punkt widersprach. Aber das ist ja jetzt egal. Kurz nach den Beckenknochen begann das Delta ihrer Vagina. Es war so gleichmäßig und tief und erotisch und wasweißich, es war einfach unglaublich. Ich kannte so was zuvor nur aus Erotikfilmen oder Pornos, die ich mir freitags im Vollrausch reinzog; keine meiner Freundinnen zuvor hatte so eine wunderschöne Mumu. Den Rest ihres Körpers brauche ich nicht ausführlicher zu beschreiben: sie war durch und durch schlank, aber immer mal wieder standen Knochen unregelmäßig hervor und Muttermale bedeckten sie; ihr Körper war nicht perfekt, aber genau das war es, was ihn perfekt machte. Schönheitsfehler nennt man das wohl. Wenn man einen Menschen liebt und jemals an den Punkt kommt, an dem das Sexleben enden könnte, dann sollte man den jeweils anderen Körper entdecken; und ich garantiere euch, ihr werdet euer Paradies auf Erden finden! Zudem kamen noch Nadjas Geschichten. Sie erzählte immer mal wieder Lesbengeschichten. Lesbengeschichten, meine Güte. Der erste Wunsch der meisten Männer ist ein realer Dreier; der zweite zuzuschauen, wenn seine Frau/Freundin von einer anderen Frau verwöhnt wird; und der dritte: von seiner Frau/Freundin Geschichten erzählt zu bekommen, welche davon handeln, wie sie es mit einer anderen macht. Es ging also kaum besser. Auf die Frage, ob wir nicht einmal einen wirklichen Dreier versuchen sollten (Wunsch 1), oder sie sich nicht von einer Frau verwöhnen lassen wollte (Wunsch 2), kam immer dieselbe Antwort: „nein“. Aber auf die dritte, unausgesprochene Frage folgte immer ein unausgesprochenes, aber durch Handlung beantwortetes: „ja“! Manchmal wurde nur sie verwöhnt, manchmal war ich anwesend und manchmal schauten wir auch nur zu – schauten in der Vorstellung zu und waren dermaßen erregt (Nadja wegen dieser Vorstellung, und ich wegen Nadjas Gefallen daran), dass wir schneller kamen, als es die Polizei erlaubte. Apropos Polizei erlaubte: einmal war Nadja sogar eine Polizistin, fesselte mich, massierte mich, küsste mit dem Mund herum, aber kam nie dazu, Ihn mit dem Mund zu verwöhnen, obwohl das wohl mein größtes Verlangen in jenem Moment war. Sie setzte sich auf mich drauf, das war alles; keine Frage, es war wunderschön, aber nicht geil, wie ich es gerne gehabt hätte. Überhaupt mit der Mundarbeit: mit der klappte es nie zwischen ihr und mir; allerdings zwischen mir und ihr, das war immer lecker und ich war jedes Mal ganz scharf, sie noch tiefer mit meiner Zunge zu befriedigen und ihr Stöhnen noch lauter zu hören. Wenn man so sagen möchte: die Mundarbeit ihrerseits frustrierte mich. Allerdings war das auch das einzige was mich an allem frustrierte. Let’s get back to the story. Wir fuhren also zu viert nach Südfrankreich, dem Land der Liebe, und wohnten in einem großzügigen Appartement. Wohlgemerkt: in einem. Mark hatte schon bemerkt, dass zwischen Nadja und seiner Freundin etwas nicht ganz stimmte; sie waren herzlich zu den Männern, aber unterkühlt zu sich. „Hast du ne Ahnung?“ „Nein“, antwortete ich. Ich hatte natürlich eine Ahnung, aber wollte Nadja nicht blamieren, indem ich ihm von ihrer Eifersucht erzählte. Tagsüber sonnten wir uns am Strand von St Raphael und gingen schwimmen. Nadja lief immer im Bikini rum; Marks Freundin im Badeanzug und das irritierte mich auf eine merkwürdige Art: sie hatte eine Topfigur, eine Figur wie Nadja und konnte doch ihre Pracht zeigen; aber versteckte alles. Ich rang damit, Mark darauf anzusprechen, aber wollte auch nicht penetrant sein. Während der Formulierung der Frage fiel mir ein, dass ich nicht einmal den Namen seiner Freundin kannte. Das schockte mich: wir waren nun seit drei Tagen im Urlaub und ich kannte nicht mal ihren Namen. Zwar waren die beiden auch noch nicht lange zusammen, aber das entschuldigte gar nichts. Ich muss nun anmerken, dass bis zu diesem Urlaubszeitpunkt zwischen Nadja und mir nichts lief. Das war suspekt und ich war geladen bis zum Ende. Ich merkte es am Strand, als ich mich des öfteren nicht auf den Rücken legen konnte; ihr wisst ja sicher, warum. Abends waren wir ausgegangen und ich hatte Nadja endlich so weit; sie war zwar betrunken, aber immerhin war sie bereit. Ich fühlte es den ganzen Abend – dass was laufen könne -, und im Bett kam sie zu mir und massierte mich zwischen den Beinen, so dass ich fast losschrie, vor Lust und Gereiztheit. Ich hatte aber immer noch die Frage im Kopf. „Hey Süße“, sagte ich. „Ja?“, stöhnte sie. „Alles klar?“ „Ja, mein Schatz. Was ist denn?“ Und sie nahm Ihn in dem Mund. „Ah“, stammelte, keuchte, schrie ich, „weißt du, wie Marks Freundin eigentlich heißt?“ Ich hätte es nicht fragen sollen. Sie biss zwar nicht zu, aber zumindest verbal fraß sie Ihn. Sie hörte sofort auf, schade, „mach weiter, Baby“, sagte ich, aber das brachte nichts mehr. „Was soll denn das jetzt?“, fragte sie. „Sorry —“, und schon unterbrach sie mich. „Ständig redest du von dieser Göre, die sich an dich ranmacht und scharf auf dich ist. Das ist doch offensichtlich“, für mich war es das nicht, aber sie fuhr fort: „und du fragst mich jetzt, ich meine jetzt, ob ich wisse, wie ihr Name lautet! – Nein und er kann mir auch gestohlen bleiben. Und jetzt: schlaf gut!“ Und mit diesen Worten drehte sie sich um und schlief kurz danach ein. Ich versuchte, ihren Nacken zu küssen, sie wieder gut zu stimmen, aber es war letztlich alles umsonst. „Zzz“, war ihre Antwort. Ich wusste bis dato nicht, dass Frauen so schrecklich schnarchen können. Aber das war egal: ich mochte zwar, wenn meine Freundinnen eifersüchtig waren – das war ja immerhin ein Zeichen, dass ich ihnen, dass es ihnen wichtig war -, aber das war übertrieben. Maßlos übertrieben. Ich hatte kaum was mit Marks Freundin gesprochen und Nadja reagierte, als hätte ich den Dritten Weltkrieg ausgelöst. Das würden wir noch diskutieren, dachte ich. Mein Hals war ziemlich trocken, schließlich habe auch ich was getrunken; zwar nicht im dem Maße, als dass ich als betrunken galt, aber immerhin, als dass ich einen trockenen Hals hatte. Allerdings hat das jeder, der mal Whiskey getrunken hat. Insofern war ich noch relativ nüchtern. Ich ging in die Küche und trank aus dem Wasserhahn (war das gesund?), als eine Tür aufging. Sofort war ich der Meinung, dass Nadja wohl das schlechte Gewissen plagte. Ich schaute in Richtung unseres Zimmers, aber dort war keine Tür aufgegangen. Komisch. Ich blickte in Richtung Marks Domizil und entdeckte eine offene Tür, aber niemand war zu sehen. Die Haustür krachte und ich hörte, dass jemand sie hinter sich geschlossen hatte. Was ist denn da los, dachte ich. Ich schaute auf die Uhr. Zweiuhrzehn. Komische Zeit um auszugehen. Die Beiden musste sich wohl verkracht haben. Irgendein Gefühl zwang mich, danach zu schauen. Aber war das überhaupt meine Aufgabe? Ich reagierte zum damaligen Zeitpunkt ziemlich sensibel auf Penetranz und wollte auch nicht penetrant gegenüber anderen sein. Aber meine Neugierde war zu stark, beziehungsweise ich zu schwach. Ich näherte mich Marks Zimmer. Die Tür stand einen gewaltige Spalt weit offen. „Zzz“, machte es. Oh Mark du alter Schnarcher, aber sofort viel mir ein, dass ja auch Nadja so schnarchen konnte und ich verspürte den Drang nachzuschauen. Wer war denn nun gerade aus dem Haus gegangen? Ich bückte mich und öffnete die Türe, während ich auf meinen Lippen biss, welche zu bluten begannen. Mann, war ich aufgeregt. Es war zu meinem Vorteil, dass Mark und seine Freundin nackt schliefen – was ich erst später in einem vertrauenswürdigen Gespräch mit Mark erfuhr – denn die Decke lag auf dem Boden und ich erkannte eine männliche Figur, beziehungsweise ich erkannte einen ziemlich steifen Penis und das sagte ja wohl alles. Ich wollte mir diesen Anblick unbedingt um eine weitere Sekunde ersparen, kroch rückwärts, prallte gegen einen Schirmständer und rannte reflexartig zur Haustür. Ich weiß nicht mehr, warum ich das tat. Vielleicht erschrak mich das Geräusch zu sehr, oder vielleicht hatte ich einfach Angst um Marks Freundin oder vielleicht war es auch nur Neugierde; wie auch immer, ich brauchte nicht mal eine Minute und fand sie auf einer Bank sitzend. Ich hatte den Eindruck, dass sie weinte, aber als ich mich neben sie setzte, antwortete sie mir klar: „Nein, es ist nichts.“ „Soso?!“, spielte ich mich auf. „Ja, soso!“ Ich dachte nach, über was ich mit ihr reden könnte und wie ich es am besten anstellen konnte, sie nach ihrem Namen zu fragen, als sie meine Gedanken durchkreuzte: „Sollen wir noch was trinken gehen?“ „Klar, warum nicht“, meinte ich, obschon ich ein schlechtes Gewissen hatte, aber ihr wisst ja wohl: welcher Mann sagt schon gerne nein?! Also gingen wir in eine Bar. Ich muss gestehen: ich habe einen Filmriss. Nach dem fünften Bier war einfach Schluss, ich konnte nicht mehr, wollte nicht mehr, denn ich wusste: noch ein Sechstes und ich würde kotzen und das hätte mich sehr unsympathisch gemacht. Sie jammerte ständig bezüglich ihrer Beziehung, benutzte Wörter wie Unzufriedenheit, Abgestoßenheit, Ausgrenzung; Wörter, die ich nicht nachvollziehen konnte, denn Mark war ein toller Kerl, fand ich. Nachdem die Bar geschlossen hatte, wollte sie unbedingt einen Spaziergang machen. Nachts einen Spaziergang, meine Güte! Aber was tut man nicht alles! Irgendwann erinnere ich mich wieder besser: sie kuschelte sich immer mehr an mich, legte ihren Arm um mich und kurz darauf liefen wir Hand- in- Hand. Mann, bekam ich einen Ständer. Trotz dem Alkohol und Nadjas Abfuhr: ich war heiß. Mitten in einer Lichtung blieb sie stehen und ich zwangsläufig auch. Wir schauten uns in die Augen; ein Blick der tausend Worte sprach. Wir küssten uns, mein Herz explodierte und ich fühlte meine Erregung in meinem Mund wieder, indem sich warmer Speichel sammelte. Sie küsste meinen Hals entlang und streifte irgendwann mein T- Shirt weg, als es ihr im Weg war (was für eine Frau, dachte ich), öffnete meinen Gürtel, meine Hose fiel ohne zu zögern, trotz der Beule, sie zog meine Boxshirts herunter, Er stand wie eine Rakete, sie nahm Ihn in den Mund, mein Gott, war das herrlich. Es brauchte nicht lange und ich spürte, wie die Hitze kam – ich kam, detonierte, explodierte, spritze alles raus; alles, alles, alles, ich war ein Vulkan, der Millionen Jahre brodelte und endlich frei wurde, eine Bestie, die endlich bekam was sie wollte. Ihr Gesicht war so lieblich und kindlich danach und endlich fiel es mir leicht, sie nach ihrem Namen zu fragen: „Michael“.

Das unbekannte Mädchen

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