Schulzeit 6

Aus dem Netz, für das Netz.Kapitel 6 Standpauke Ich küsste sie noch mal zärtlich auf den Mund. Gerade als ich zu mehr ansetzen wollte, kamen uns wieder mal ihre Eltern in die Quere. Wir hörten den Wagen in die Einfahrt rollen. Mit einem Seufzer ließ ich von ihr ab, was sie mit einem Lächeln quittierte. Sie gab mir ein Küsschen und meinte mit einem Augenzwinkern: „Ein andermal wieder“. Damit ging sie an die Tür und rief nach ihrer Mutter: „Mami, komm doch bitte mal nach unten“. Und Mami kam. Mit Staunen im Blick sah sie sich um. „Hallo Fr. Homfeld“. „Halli hallo. Mein lieber Schwan. Da habt ihr ja ganz schön was gearbeitet.“ „Ja Mam. Mit Alfreds Hilfe ging es echt total schnell.“ „Jaja, ich seh’s…“, meinte sie mit verschmitztem Lächeln. „Der junge Mann scheint ja in letzte Zeit öfters hier zu sein!?“ Ein fragender Blick ging zu Maike, die gleich wieder einen roten Kopf kriegte. Junger Mann. Uääärggghhh. Wie ich solche Sprüche hasste. „Na ja. Hast Du Lust mit uns zu Abend zu essen?“ fragte sie mich. Nö, hatte ich nicht. Ich schüttelte den Kopf. „Nein, Danke Fr. Hohmann. Meine Mutter kocht heute Abend. Da werde ich besser zu Hause essen.“ „Ok, ich werde dann mal nach oben gehen und das Essen vorbereiten. Bis gleich Spatz.“ Damit verschwand sie. „Kannst Du wirklich nicht bleiben“, fragte mich Maike mit Bambi-Blick. Das mit dem Essen war zwar gelogen, aber ich hatte echt keinen Bock auf ‚Familien-Zusammenführung‘. Irgendwie sorgte das sogar für ein bisschen Abstand zwischen ihr und mir. Ich wollte plötzlich nur noch weg. „Nö, lass mal gut sein. Ich muss dann wirklich nach Hause.“ „Kommst Du morgen wieder?“ „Morgen geht nicht, da habe ich schon was vor. Aber Freitag wieder, OK?“ Sie machte einen Schmollmund. „OK.“ Sie küsste mich noch mal und zog mich dann hinter sich die Treppe hoch. Ich hörte ihre Mutter in der Küche hantieren. An der Tür küsste ich sie und zog sie an mich. Sie entwand sich mir. „He du. Lümmel. Nicht hier“, flüsterte sie. Mit einem letzten Küsschen schob sie mich vor die Tür und schloss sie leise hinter mir. Draußen dämmerte es schon. Die Luft war feucht und schwer aber gleichzeitig erfrischend. Ich sog meine Lungen voll damit. Ich fühlte mich so lebendig und frei. Ich schlenderte pfeifend zu meinem Fahrrad und radelte heimwärts. Freihändig gondelte ich durch die Straßen, genoss den Fahrtwind und die Aussicht auf die ersten Sterne die sich am Himmel zeigten. Ich ließ mich mit den Händen nach vorne auf den Lenker fallen und zog die letzten Meter nach Hause noch mal so richtig voll durch. Mit pumpendem Brustkorb und wild schlagendem Herzen kam ich zu Hause an. Ich stelle mein Rad in die Garage und ging ins Haus. Meine Eltern saßen vor der Glotze. „Ahh, sieh an. Der Herr kommt auch schon nach Hause“, meinte meine Mutter. „Ach lass ihn doch“, brummte mein Vater, zwinkerte mir zu und nahm einen Schluck aus der Bierflasche „War’n doch auch mal jung.“ Meine Mutter murmelte noch irgendwas, gab dann aber Ruhe. Ich hob die Hand zum Gruß in Richtung meines Vaters, der nickte und sich wieder dem Fernseher zuwandte. Mein Paps war echt in Ordnung. Obwohl er eine wirkliche Respektsperson war, ließ er mir das gegenüber nie raushängen. Ich ging in die Küche, holte eine Scheibe Brot aus dem Brotkasten, etwas Aufschnitt aus dem Kühlschrank und machte mir ein Belegtes. Ich überlegte, ob ich mir ein Tannezäpfle meines Vaters genehmigen sollte. Aber irgendwie hatte ich dann doch keinen Bock auf Bier am Abend. Zudem hätte es wieder Diskussionen mit meiner Mutter gegeben, wenn sie es gemerkt hätte. Also nahm ich die halbvolle Mineralwasserflasche an mich und verzog mich mit Beidem auf mein Zimmer. Dort mümmelte ich das Brot weg während ich fernsah, trank die Flasche aus und ging dann ins Bad um die Zähne zu putzen. Jennifer schien schon zu schlafen. Ich war auch hundemüde. Die ungewohnte Arbeit hatte mich doch mehr gefordert als ich gedacht hatte. Ich schlurfte zurück in mein Zimmer, entledigte mich meiner Kleidung und ließ mich ins Bett fallen, wo ich augenblicklich in tiefen Schlaf fiel. Mitten in der Nacht wurde ich von Geräuschen geweckt. Ich schlug die Augen auf und im Zimmer standen Maike, ihre Mutter und Julietta mit ihrem Bruder. „Da ist der Hund. Macht mit zwei Mädchen gleichzeitig rum“, zischte Fr. Homfeld. Maike schluchzte und schniefte und Juliette sah mich mit glutheißen Augen zornig an. „Denkkst du, mein Schwester ist eine Hurre, oder was? Hä?“, bellte Mario. „Isch werrde dir deine verdammte Eier zerquetschen.“ Mit einem Sprung hechtete er in mein Bett. Ich versuchte mich aus seiner Sprunglinie zu rollen und…. Bamm. Ich knallte auf den Boden. Klitschnass geschwitzt saß ich neben meinem Bett. Außer mir war niemand im Zimmer. Scheißfuck Albtraum. Ohh Mann. Ich hievte meine Knochen stöhnend zurück ins Bett und starrte an die Decke. War ganz schön real gewesen. Eine Gänsehaut lief mir vom Nacken bis zu den Zehenspitzen. Sollte das eine Warnung meines Unterbewusstseins gewesen sein? Mit unbehaglichem Gefühl schlief ich wieder ein. Als ich am nächsten Morgen erwachte, fühlte ich mich wie erschlagen. Ich wälzte mich zur Seite und blinzelte auf meinen Wecker. 7:10 Uhr. 7:10 UHR???? Scheiße!! Verpennt! In 20 Minuten fing die Schule an. Ich hechtete aus dem Bett, fuhr in meine Klamotten und schlidderte die Treppe runter. Niemand da. War das schon wieder ein Albtraum? Nö, so wie mir mein Muskelkater wehtat, war alles real. Keine Ahnung, wieso mich niemand geweckt hatte. Ich hörte die Klospülung und kurz darauf erschien meine Mutter. Mit großen Augen sah sie mich an: „Wa machst du denn noch hier?“ „Verpennt“ rief ich, während ich mir eine Banane aus der Obstschale grabschte, sie in meine Schultasche stopfte und aus dem Haus flitzte. Im Stehen, das Rad hektisch nach links und rechts schwenkend, raste ich in die Schule. Während ich in den Parkplatz reinrollte, hörte ich schon das klingeln. Ich schmiss mein Rad in die Ecke und spurtete los. Gerade als mein Klassenraum in Sicht kam, wurde die Zimmertür geschlossen. Ich lief darauf zu und öffnete die Tür wieder. Fr. Oller war gerade dabei, Unterlagen aus ihrer Tasche zu holen. Ich schloss die Tür hinter mir, murmelte ein „Tschuldigung, verpennt“ und wollte in Richtung meines Tisches als mich Fr. Ollers Stimme aufhielt. „Auch noch zu spät, was? Kannst gleich zum Rektor marschieren. Da warten sie schon auf dich.“ Hä, auf mich? Was hatte ich denn…? Klar. Die ‚Schlägerei‘ gestern. Ich ließ meinen Blick über die Klasse schweifen und blieb bei Maike hängen. Kevin und Julietta fehlten. Maike sah mich mit einem Schulterzucken an. Ich warf meine Tasche auf den Tisch und ging wieder Richtung Tür. Dabei bemerkte ich, wie einige Schüler feixend meine Haare betrachteten. Instinktiv fasste ich mir an den Kopf und fühlte, wie die vom Gel gestärkten Haare nach allen Seiten abstanden. Ich verließ das Klassenzimmer so schnell es ging und marschierte erstmal Richtung Toilette. Wenn ich eh zu spät war, kam’s auf fünf Minuten mehr auch nicht an. Als ich das Klo betrat, stand einer der tollen Freunde von Kevin am Pissoir und schüttelte gerade ab. Als er mich sah, schluckte er, stopfte seine Nudel schnellstmöglich in die Hose und verdrückte sich mit einem großen Bogen um mich herum aus der Toilette. Ich ging zum Waschbecken und besah mich im Spiegel. Mein Gott sah ich aus. Wie ein Punker nach einer durchgesoffenen Nacht. Damit konnte ich beim Rex bestimmt keine Pluspunkte sammeln. Ich öffnete den Wasserhahn und schöpfte etwas Wasser in meine Hände. Dann begann ich meine Sturmfrisur etwas in Form zu bringen. Mit dem Restgel darin ging das recht schnell und so machte ich mich kurz darauf auf in Richtung Direktorat. Ich klopfte und trat auf Aufforderung ein. Direktor Obermann saß hinter seinem Schreibtisch. Auf den Stühlen davor saßen Julietta und Kevin. Hinter Kevins Stuhl stand seine Mutter. Hr. Obermann erhob sich, kam um den Tisch herum und zog einen weiteren Stuhl neben den von Julietta. „Setz dich. Hier wurden schwere Vorwürfe gegen dich erhoben. Nun beschreibt aber Julietta das Geschehen ganz anders als Kevins Mutter“ Ich schaute zu Kevin. Ein dickes Pflaster lief quer über seine Nase. Sie war ganz blau angeschwollen. Er warf mir böse Blicke zu. Genau wie seine Mutter. Ich setzte mich. „Aber Kevins Mami war doch gar nicht dort. Wie kann sie dann was behaupten was sie gar nicht gesehen hat“, entgegnete ich. Kevins Mutter begann aufgeregt loszuschnattern: „Natürlich hat mir Kevin alles erzählt. Das ist ja wohl klar. Außerdem nenn mich nicht Mami“. „Aber sie sind doch Kevins Mami, oder?“ meinte ich mit Unschuldsmine. „Lass die Spielchen. Du weißt genau wie das gemeint ist. Jetzt erzähl das Ganze mal aus deiner Warte“ sagte Hr. Obermann und setzte sich wieder hinter seinen Schreibtisch. Mit hochgerecktem Kinn sah er mich fragend an. „Kevin hatte mir während des Unterrichts schon Schläge angedroht und….“. „Das hat er nicht getan, du hast ihn provoziert.“, keifte Kevins Mutter. „Das ist gar nicht wahr“, ereiferte sich Julietta, „Kevin hat Maike belästigt. Er tut immer das. Versucht bei die Mädchen Brust oder Popo zu betatschen. Hat schon oft Ärger gegeben deswege.“ „Du warst doch da gar nicht da“ näselte Kevin aufgebracht. „RUHE, zum Donnerwetter“. Hr. Obermann hob die Stimme. „Ich will jetzt erstmal in Ruhe Alfreds Version hören. Also Alfred?“ „Nun ja, wie gesagt. Nach der Drohung stand er später dann draußen bei den Fahrrädern und wollte sich prügeln. Ist aber nicht mein Ding. Das wissen sie ja bestimmt Hr. Direktor. Trotzdem ging er auf mich los. Dabei bin nach hinten gestolpert. Was dann mit Kevin passiert ist, weiß ich nicht. Ich habe ihn nur auf dem Boden liegen und davon laufen sehen.“ „Willst du damit behaupten, du hättest ihn nicht niedergeschlagen…?“ Wieder die doofe Zicke. „Bitte Fr. Däubler. So weit deckt sich das doch ziemlich mit den Aussagen von Frl. Erker.“ „Die beiden haben sich doch abgesprochen. Das ist doch klar.“ „Hören sie Fr. Däubler. Einige unserer Lehrkräfte haben ähnliches berichtet. Auch wenn sie etwas zu weit entfernt waren um genaues zu sehen, so war doch der Grundtenor der, daß die Aggression eindeutig von Kevin ausging. Ausserdem ist Hr. Neumann noch nie durch sowas aufgefallen. Kevin dagegen schon häufiger. Hör zu Alfred. Für mich ist das erstmal soweit erledigt. Auch wenn ich über das Geschehene nicht besonders erfreut bin. Sollte noch etwas sein, lasse ich dich nochmal rufen. Du und Julietta ihr könnt gehen. Mit Ihnen, Fr. Däubler und Ihrem Sohn möchte ich dagegen noch einiges besprechen.“ Ich erhob mich zusammen mit Julietta und zusammen verließen wir den Raum. Draußen liefen wir schweigend nebeneinander her. „Danke daß du mir geholfen hast.“ Sie lächelte mich an. „Ist doch klar. Du hilfs mirr doch auch.“ Sie nahm mich bei der Hand und schaute mich an. „Ich hab‘ dich echt lieb.“ Au weia. Keine Ahnung wieso, aber ich hatte immer befürchtet, daß früher oder später eine von den zweien sowas sagen würde. Und? Liebte ich sie auch? Ich sah sie an. Sie mich auch. Mit ihren rehbraunen Augen. Warum konnte ich nicht die Finger von einer der Beiden lassen? Ja ich hatte sie auch lieb. Aber Maike auch. Wie ging das? Echt blöde Situation. Wir gingen ein Stück Hand in Hand, dann löste sie die ihre, als wir vor dem Klassenzimmer waren. „Du kommst heute Mittag, nicht wahr?“ Hoffnungsvolle Augen blickten mich an. „Ja, geht klar. Um drei bin ich bei dir.“ „Super!“ Sie küßte mich auf die Wange und öffnete die Tür. Automatisch drehten sich alle Köpfe zu uns und sämtliche Augenpaare folgten uns bis zu unseren Plätzen. Julietta setzte sich und Maike begann sofort mit ihr zu flüstern. Fr. Oller rief sie zur Ordnung. „Maike. Privatgespräche bitte während der Pause, ja? Wo waren wir stehen geblieben…?“ Maike verstummte. Dann drehte sie sich zu mir um und sah mir mißtrauisch in die Augen. Ich langweilte mich durch den Rest des Unterrichts und packte am Ende meine Sachen zusammen, als sich Maike umdrehte und mich ansprach:“Was ist denn da passiert gestern?“ Ich zuckte mit den Schultern. Mit einem schiefen Grinsen meinte ich: „Na, so wie ihr zwei die ganze Zeit getuschelt habt, wird dir Julietta doch schon alles erzählt haben, oder?“ Sie schaute mich wieder mit diesem misstrauischen Blick an. „Und du hast den blöden Angeber wirklich K.O. geschlagen?“ „Getretten, nicht geschlagen. Getretten“ verbesserte Julietta mit Kopfnicken. Bewundernd sah sie mich an. Maike zog nur eine Augenbraue in die Höhe. „So hätte ich dich gar nicht eingeschätzt.“ „Wie?“ „Na so als Schläger.“ Mir blieb fast die Spucke weg. Aber lieb-Julietta übernahm sofort meine Verteidigung. Richtig süß. „Was ist denn mit Dirr los? Er hat sich wirklich nur verteidigt.“ „Jajaaa, ist ja schon gut.“ Irgendwas stimmte da nicht mit Maike. Wir trotteten gemeinsam raus zum Fahrradständer, schlossen unsere Fahrräder auf und schoben sie zur Straße. Immer noch schweigend fuhren wir los. Eine irgendwie unwirkliche Situation. Julietta fuhr vorne weg, Maike in der Mitte und ich hinterher. Julietta drehte ab in ihre Straße. Nicht ohne mir vorher einen mehr oder minder versteckten Blick zuzuwerfen. Maike und ich fuhren weiter. Plötzlich bremste sie. Ich wäre ihr fast hinten rein gefahren und konnte nur im letzten Moment noch ausweichen. Als ich neben ihr war, stemmte sie sich in die Pedale um wieder Fahrt aufzunehmen. „Was ist denn mit dir los? Wenn du immer so fährst ist es ja ein Wunder, daß bisher nicht mehr als das mit deinem Knie passiert ist.“ „Tschuldigung“ maunzte sie, „und nochmal Entschuldigung wegen vorhin. Aber irgendwie bin ich eiferüchtig, daß ich da gestern nicht mit dabei war.“ Sie starrte auf die sich abspulende Straße vor ihrem Vorderreifen. Das war es also gewesen! Das war es gewesen? So ein Theater wegen…. wegen nichts? „Und was kann ich dafür? Soll ich dem Deppen Kevin nächstes Mals sagen, er soll warten bis du auch dabei bist?“ Sie lachte „Quatsch. Deshalb habe ich mich ja jetzt auch entschuldigt, oder?“ Sie schaute mich mit einem heischenden Blick an. „Jaja, schon klar“ brummte ich. „Und du kannst heute wirklich nicht kommen?“ „Nee, heute geht nicht.“ „Und warum nicht?“ Hää, was war denn das jetzt? Wollte die Dame hier etwa schon Besitzansprüche anmelden? So Dinger traute sich nicht mal meine Mutter! Aber was sollte ich antworten. Das was mir auf der Zunge lag hätte ganz schön geknallt. Ich war es eigentlich nur von meiner Mutter und Schwester gewohnt, solche Fragen zu hören. Dementsprechend waren auch meine Reflexe. Also versuchte ich es auf die harmlosere Art. „Hör mal Maike. Ich mag dich echt gerne. Aber ich brauch‘ trotzdem auch ein bißchen meine Privatsphäre.“ Sie sah mich erschrocken an. Als sie den Kopf wieder nach vorne drehte, glaubte ich sogar Tränen in den Augen gesehen zu haben. „Ist OK. Alles klar.“ drückte sie heraus und trat wieder in die Pedale. Mit einem Affenzahn zischte sie davon. „Mensch Maike, wart‘ doch mal….“ Aber sie war schon in ihre Richtung abgebogen. Oh Mann. Da sollte nochmal einer die Weiber verstehen. Und ich Idiot hatte mir gleich einen Doppelpack aufgehalst. Ob es das alles überhaupt wert war? Ich radelte den Rest des Weges nachdenklich nach Hause. Zu Hause angekommen, wie immer das gleiche Ritual. Fahrrad in die Garage. Schultasche neben die Treppe und die Nase in die Küche gesteckt um eine erste Fühlung aufzunehmen, was es denn zum Essen gibt. Roch irgendwie lecker nach einem meiner Lieblingsgerichte… Jenni kam heute mal ausnahmsweise nach mir an. Komisch, sonst saß sie immer schon da und mampfte wenn ich heimkam. Dazu ignorierte sie mich auch noch komplett. Nicht daß mich das wirklich aus der Fassung brachte, aber es war ungewöhnlich. Ich sagte trotzdem nichts, sondern schnappte mir einen Teller um Essen aufzuladen. Ich wollte gerade den ersten Deckel lüpfen, als Jenni sich, ebenfalls mit einem Teller bewaffnet, vor mich drängte. „Heee, was soll’n das du freche Kröte?“ Sie grinste mich nur kurz über die Schulter an „Hab‘ dich nicht so. Hab’s ’n bisschen eilig, OK?“ Brummelnd ließ ich sie gewähren. Bei den Mini-Portionen, die sie verdrückte, mußte ich sowieso keine Angst haben, daß für mich nix mehr übrig blieb. Im ersten Topf tauchte Eisbein auf. Yammi, yammi. Ich hatte richtig gerochen. Als Beilagen gab’s Kartoffelbrei und Sauerkraut. Jenni meckerte immer über das Kraut. Aber ich hatte mich mittlerweile so daran gewöhnt, daß diese Kombination eines meiner Libelings essen geworden war. Damit hellte sich meine Stimmung augenblicklich auf. Ich mampfte fröhlich drauf los undlehnte mich schon nach kurzer Zeit gesättigt und zufrieden zurück. Dann stand ich auf, schnappte meine Tasche und rief „Mache meine Hausaufgaben bei Jürgen“, bevor ich mich draußen aufs Rad schwang und losfuhr. Eigentlich gab es ja keinen Grund zu schwindeln aber ich hatte keinen Bock auf blöde Fragen. Schon gar nicht von Jenny! Obwohl die in letzter Zeit so abartig friedlich war. Ob die mittlerweile ein eigenes „Opfer“ gefunden hatte? Zu wünschen wäre es ihr. Nur dem armen Schwein nicht, das es erwischt hätte. Ein dickes Grinsen schlich sich auf mein Gesicht. Ein paar Minuten später hielt ich vor Juliettas Haus. Ich schob das Rad knirschend über den Kies in die Auffahrt, lehnte es an die Hauswand und sprang über den kleinen Jägerzaun auf den Weg, der zur haustür führte. Dort angekommen klingelte ich. Nix geschah. Hä? Ich schaute auf die Uhr. OK, ’ne halbe Stunde zu früh aber daß da jetzt niemand da sein sollte? Ich bimmelte nochmal. Der Glockenton verhallte wieder ungehört im Flur hinter der Haustür. Na zum Teufel! Da soll doch… Aber irgendwie konnte ich mir das bei Julietta nicht vorstellen. Die war zwar manchmal etwas nervig aber ansonsten super verlässlich. Mmmhh, was tun? Ich ging zurück zum Fahrrad. Jetzt einfach wieder heimradeln? Irgendwie sträubte ich mich dagegen. Ich hatte mich schon auf das Treffen und gemeinsame „Lernen“ gefreut. Ich hängte die Tasche über den Lenker und ging Richtung Garage. Zwischen Haus und Garage war ein Durchgang, abgetrennt durch einen Rosenbogen und eine schmiedeeiserne Gartentür. Ich steckte meine Nase zwischen den Gitterstäben hindurch und schaute in den Garten. Er war ganz nett angelegt. Nicht aussergewöhnlich aber gepflegt. Mit vielen bunten Blumen. Auf dem Rasen stand eine Garnitur Gartenmöbel. Eine Hollywoodschaukel pendelte sachte im Wind. Und dort lag sie! Vor sich hin dösend. Wie ein Engel. Wenn ich eine Kamera dabei gehabt hätte, ich hätte sofort draufgehalten. Das sah so, so süüüüß aus. Echt! Sie hatte das untenliegende Bein gestreckt, das darüber angewinkelt. Ihr Rock hatte sich etwas nach oben geschoben und mann konnte den Ansatz ihres Popos erkennen. Ihr Kopf war auf ihre Arme gebettet und ihre Haare umfluteten sie wie ein schwarzer Wasserfall von allen Seiten. Immer wenn die Schaukel etwas nach vorne ins Sonnenlicht schwang, tanzten ein paar Sonnenstrahlen wie Reflexe über ihren Körper. Fast kitschig sah es aus, so schön war es. Ich drückte langsam die Klinke nach unten und die Tür schwang lautlos auf. Gut geölt! Ich brauchte nicht mal besonders leise zu sein, als ich mich auf dieses Traumszenario zu bewegte. Das Rauschen des Windes in den Blättern als Geräuschkulisse und der dicke Rasenteppich schluckten alle meine Geräusche. Langsam kam ich näher.

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